Robert Ranisch, Sebastian Schuol & Marcus Rockoff
Einleitung: Zur Selbstgestaltung durch Biotechniken
Mit der „Selbstgestaltung des Menschen durch Biotechniken“ greift der Titel dieses Bandes eines der zentralen Kennzeichen unserer Zeit auf. Erkenntnisfortschritte der Lebenswissenschaften sowie deren biomedizinische Anwendung versetzen Menschen zunehmend in die Lage, nicht nur ihre Umwelt, sondern auch sich selbst in einem stetig umfangreicheren und präziseren Maße zu verändern. Die biotechnische Selbstgestaltung kann auf verschiedene Weisen gedeutet werden: als Versprechen auf individuelles Glück durch Emanzipation von den eigenen Unzulänglichkeiten; als eine Möglichkeit der Anpassung an stetig wachsende Anforderungen einer Leistungsgesellschaft; oder schließlich auch als Kur ihrer Erschöpfungssymptome. Jenseits dieser Interessenlagen ist das Thema der Selbstgestaltung aber nicht zuletzt ein Verweis darauf, dass technischer Fortschritt die Ziele der Medizin – die Prävention und Heilung von Krankheiten – zunehmend erweitert.
Zur Orientierung in diesen umfangreichen Themenfeldern ist eine anfängliche Begriffsverortung im Hinblick auf das Titelthema dieses Bandes hilfreich. So spielt die erste Wortgruppe der „Selbstgestaltung des Menschen durch Biotechniken“ auf die anthropologische Tatsache an, dass der Mensch einerseits ein von Natur aus defizitäres Wesen ist, andererseits aber dieses Defizit seiner Anlagen durch Kultur kompensieren, d. h. sich selbst in einem höheren Sinne als Mensch gestalten kann. Um diesen Doppelcharakter zu unterstreichen, sprach der Anthropologe Helmuth Plessner (2003 [1928]) von der „natürlichen Künstlichkeit“ des Menschen (vgl. Engels 2009). In dieser Hinsicht verweist der Titel des Bandes keineswegs nur auf innovative biomedizinische Anwendungen, sondern erinnert auch daran, dass das Thema der Selbstgestaltung des Menschen im Hinblick auf die westliche Ideengeschichte zu einem „Evergreen“ der Philosophie gezählt werden kann (vgl. Passmore 2000).
Dabei ist auch auf die Zweideutigkeit der Bezeichnung
„Selbstgestaltung des Menschen“
hinzuweisen, die sowohl generisch (bezogen auf die menschliche Spezies) als
auch spezifisch (bezogen auf das Individuum) gelesen werden kann. Betrachtet
man aus historischer Perspektive die Debatte um die Selbstgestaltung, so finden
sich zumeist beide Facetten gleicherweise vor. Betonte die Auseinandersetzung
mit Fragen der Lebenskunst in der Antike insbesondere die Individualebene, so
bezieht sich das eugenische Denken in Platos Politeia zugleich auf eine überindividuelle Ebene, insofern hier
das „menschliche[…] Geschlecht“ (459b)
gestaltet werden soll. Weitere Beispiele zeigen sich im Verlauf der
Geschichte sowohl auf einer spirituellen als auch auf einer säkularen Ebene: etwa
im christlichen Selbstformungsdenken innerhalb der Klostergemeinschaften – hier
vor allem auf die Bereinigung des eigenen Selbst bezogen – oder im Rahmen der
Aufklärung als Zukunftsprojekt – hier nun auf die Menschheit bezogen –, deren
Entwicklung etwa bei Kant allerdings die Kultivierung auf Individualebene stets
voraussetzt. In Nietzsches Visionen sind es schließlich wenige Individuen, die
in Anbetracht des Nihilismus und nach dem „Tod Gottes“ Sinn zu stiften
vermögen. Dabei ist die übrige Menschheit ein bloßes „Gerüst“, an dem sich
diese „ausgesuchte Art Wesen zu ihrer höheren Aufgabe und überhaupt zu einem
höheren Sein emporzuheben vermag“ (Nietzsche 1999 [1886], 206-207).
Solche ideengeschichtlichen Bezüge sind offenkundig nicht
ohne Provokation (vgl. Sloterdijk 1999), deutet der Vergleich zu historischen
Programmen der Menschenformung doch auf eine entscheidende Diskontinuität zu
zeitgenössischen Vorstellungen der Selbstgestaltung des Menschen hin.
Vernachlässigt man den Anachronismus einer solchen Bewertung, wirken Platos
Vorstellungen einer Menschenzucht heute als totalitär und Nietzsches Hoffnung
auf Selbstüberwindung ist gezeichnet von einem demokratiefeindlichen und
antiegalitären Kastendenken, das die „breite Masse“ verachtet. Trotz der
verschiedenen Ausformungen solcher Fantasien ist diesen historischen Beispielen
gemeinsam, dass sie von verbindlichen, kulturweit ausgreifenden Normen ausgingen.
Im Vergleich dazu weist die zeitgenössische Debatte zur Selbstgestaltung des
Menschen eine entscheidende Abweichung auf: Hier ist es der Wertepluralismus
der Moderne, in welcher kein Anspruch auf ein einziges Konzept des Guten
erhoben wird, sondern verschiedene Lebensformen gleichsam gültig nebeneinander
stehen dürfen. Vergegenwärtigt man sich das eugenische Denken der Antike, so
zeigt sich diese Besonderheit der heutigen Praxis einer Selbstgestaltung etwa
an einer Begriffsschöpfung wie der „liberalen Eugenik“, die im Rahmen der technisch
assistierten Reproduktion prominent Verwendung findet (vgl. Potthast 2012).
Angesichts des zentralen Werts der Autonomie des Individuums in westlichen
Gesellschaften bleibt es – unter Wahrung der Freiheitssphäre des Anderen – dem
Einzelnen überlassen, auf welche Art und mit welchem Ziel die Selbstgestaltung
umgesetzt wird. Ein zentrales Kennzeichen der gegenwärtigen Auseinandersetzung
ist also die zunehmende Individualisierung in einer pluralistisch
ausgerichteten Gesellschaft.
Schließlich muss auch der Zusatz in der Rede der
„Selbstgestaltung des Menschen durch
Biotechniken“ eingeordnet werden. Womöglich denken wir, befangen im
zeitgenössischen, naturwissenschaftlichen Fortschrittdenken, dabei vor allem an
die Manipulation biologischer Prozesse, etwa durch Pharmaka oder Gentechnik.
Das Spektrum möglicher Biotechniken muss allerdings weiter gefasst werden: es
reicht von der Erweiterung des Geistes (z. B. durch
Informationstechnologie) und der Verbindung des Körpers mit Technologie (z. B.
Herzschrittmacher) hin zu konventionellen Techniken der Selbstformung durch
Sport, Meditation oder Askese. Die Grenzen zwischen den auf alltäglichem
Erfahrungswissen beruhenden Biotechniken und neuartigen Anwendungen sind dabei
fließend. Alle Formen der Selbstgestaltung finden dabei letztlich auch auf
biologischer Ebene des Körpers ihren Niederschlag. Dennoch können sich die mit
ihnen verbundenen Chancen und Risiken aber gravierend unterscheiden.
Die Aufmerksamkeit in der Auseinandersetzung mit der
Selbstgestaltung gilt insbesondere Biotechniken in einem engeren Sinne. Damit
soll die Gesamtheit der über alltägliches Erfahrungswissen hinausgehenden biowissenschaftlichen
Techniken bezeichnet werden, die Eingriffe in den menschlichen Organismus
ermöglichen. Eine zentrale Besonderheit liegt hier am Ansatzpunkt der nunmehr
direkten technischen Intervention. Während vormals Eingriffe auf die lebensweltliche
Ebene zielten und sich auf biologischer Ebene auswirkten, verschiebt sich nun der
Angriffspunkt. Der Erkenntnisfortschritt der Lebenswissenschaften, die
Kombination verschiedener Wissenschaften sowie die Translation des Wissens in
die technische Anwendung erlauben es, unmittelbar am Körper anzusetzen. Nicht
mühsames Training, sondern die Manipulation biologischer Prozesse – sei sie substanzgebunden
wie im Falle von Neuropharmaka oder gerätetechnisch wie im Falle genetischer
Optimierung – ist das Kennzeichen moderner Biotechniken. Unter den Bedingungen
des enormen Erkenntniszuwachses in den Biowissenschaften ermöglicht dieser
unvermittelte Ansatz nicht nur eine neue Reichweite und Tiefe der
Selbstgestaltung, sondern auch eine bisher ungekannte Präzision sowie neuartige
Einsatzmöglichkeiten.
In diesem Zusammenhang wies Hans Jonas bereits in den 1980er
Jahren in einer heuristischen Gegenüberstellung der klassischen Ingenieurskunst
mit modernen Biotechniken auf eine weitere Neuartigkeit hin. Insofern der Mensch
als Handlungssubjekt nicht auf unbelebte Natur als Handlungsobjekt gestaltend einwirkt,
sondern die belebte Natur, mithin sich selbst, direkt zum Gestaltungsobjekt
erklärt, sieht Jonas (1987 [1982], 165) einen qualitativen Unterschied
angezeigt. Ist bei der mechanischen Konstruktion mit unbelebter Materie der Weg
vom Rohstoff zum vollständigen Endprodukt ein Prozess, bei dem der Mensch als
allein Handelnder auf passives Material einwirkt, so trifft bei Biotechniken
„Tätigkeit auf Tätigkeit“ (ebd.). Der Biotechniker sieht sich aktivem Material
gegenüber, dessen Strukturen als funktionierendes, biologisches System er
modifizieren will. Jonas betont dementsprechend, dass biotechnisch handeln
nicht heißt, etwas nach einem wohldefinierten Plan aufzubauen, sondern der
biotechnische Akt hat die Form der Intervention.
Nehmen wir diesen Umstand ernst, so Jonas weiter, wird
schnell deutlich, dass Fragen der Vorhersagbarkeit und Reversibilität
biotechnischer Interventionen große Bedeutung erhalten. Denn verglichen mit der
ingenieurtechnischen Planung, bei der die Folgen der technischen Handlung weitestgehend
exakt vorausgesagt werden können, ist der Einfluss der biotechnischen
Interventionen auf die Dynamik biologischen Materials ungleich schwieriger
vorauszubestimmen. Diese latente Unsicherheit hinsichtlich der Vorhersagbarkeit
erhält weitere Brisanz durch die in den meisten Fällen manifestierte
Unumkehrbarkeit entsprechender biotechnischer Anwendungen. Sind bei mechanischen
Konstruktionen des Ingenieurs Maßnahmen durchaus reversibel, so sind
biotechnische Eingriffe am Menschen oftmals nur schwer oder gar nicht
widerrufbar – ein Umstand, der mit Blick auf die Verfügbarmachung der
Erbanlagen unserer Nachkommen insbesondere von Jürgen Habermas (2005, 90) als
zentraler Einwand gegen die liberale Eugenik vorgebracht wurde.
Selbstverständlich liegen die
Ziele solcher Eingriffe durch Biotechniken außerhalb der Biologie, was es
erforderlich macht, auch die aktuellen gesellschaftlichen und kulturellen
Bedingungen zu berücksichtigen, welche über ihre Wahl entscheiden. Ein
zentrales Thema im Diskurs um die Selbstgestaltung des Menschen stellt die Optimierung
dar. Dabei liegt es nahe zu fragen, wofür genau optimiert wird. Sicher ist es
unpräzise, die Vielfalt denkbarer Optimierungsziele zu vereinheitlichen. Jedoch
weisen kritische Autoren auf die besonderen Anforderungen einer
Leistungsgesellschaft hin, deren Konkurrenzdenken entsprechende Handlungen
lenkt und die mögliche Optimierung zur Leistungssteigerung vor allem im
Arbeitssektor als notwendig erscheinen lässt.
Doch stellt dies nur einen
Aspekt dar. Weitere Ziele wären z. B. ästhetischer oder reproduktiver Art,
wobei es freilich interessant ist zu fragen, ob letztere bei genauerer
Überprüfung nicht doch unter den Leistungsaspekt subsumierbar wären. Eine
solche Auslegung ist, gemessen an einem veränderten Politikverständnis,
durchaus plausibel, wonach nicht mehr der Staat, sondern vor allem das
Individuum sich selbst zu regieren hat und sich ganzheitlich, d. h. bis
auf die biologische Ebene, organisieren muss (vgl. Lemke 2007). Danach werden
die selbstregulativen Handlungen durch das Ökonomieprinzip geleitet, das
größtmögliche Leistung mit kleinstmöglichem Aufwand zu erreichen vorschreibt,
wie dies etwa aus dem Finanzsektor bekannt ist. Anders als in der
Geldwirtschaft geht es in dieser Debatte, welche ursprünglich auf Michel
Foucaults (2004) Analyse historischer Diskurse zurückgeht, aber um Biomacht,
d. h. um das Wissen zur Lenkung biologischer Prozesse (vgl. Gehring 2006).
Diese Debatten ähneln sich, da in beiden Kritiker vor der Verselbständigung des
Maximierungsgebots warnen, welches dem Ökonomieprinzip immanent zu sein
scheint. Das Aufeinandertreffen eines solchen Zwangs zur Aktivität und
Leistungssteigerung mit einer um Individualität und Eigenverantwortlichkeit
bemühten Lebensweise wird in der aktuellen soziologischen Debatte um
Selbstregulierung als Hauptursache systematischer Selbstüberforderung und
ihrer Folge, dem erschöpften Selbst, gesehen (vgl. Ehrenberg 2004).
Es wird deutlich, dass mit der Eröffnung vielfältiger neuer
Handlungsräume durch Biotechniken und angesichts der gewachsenen gesellschaftlichen
Anforderungen nicht nur Chancen, sondern stets auch Risiken einhergehen und das
Bedürfnis nach Orientierung steigt. Damit verbunden ist die Nachfrage nach
professionellen Instanzen zur ethischen Bewertung. Längst hat sich hierbei die Ethik in den Wissenschaften als
eigenständige und zentrale Reflexionsinstanz etabliert. Ihre Diversifizierung
in verschiedene Bereichsethiken zeugt einerseits von der Besonderheit und
Vielfalt ihrer Themenbereiche. Für die Herausforderung der Selbstgestaltung ist
insbesondere die Bioethik zentral, verstanden als Medizin-, Umwelt- und
Naturethik. Aber auch neuere Ausprägungen von Bereichsethiken, wie die Neuro-
oder Genethik, sind an dieser Stelle zu nennen. Diese Diversifizierung macht
andererseits deutlich, dass die Ethik in den Wissenschaften, respektive die
Bioethik, in ihrer Auseinandersetzung mit Querschnittsfragen notwendig als eine
interdisziplinäre Unternehmung verstanden werden muss, deren Arbeitsbereich an
der Schnittstelle von Natur-, Sozial- und Geisteswissenschaften eine besondere
Expertise verlangt (vgl. Engels 2005). Zu ihren Kennzeichen zählt vor allem die
Vermittlung zwischen diesen beteiligten Positionen und die Integration der
dabei oftmals bereits im Ansatz verschiedenen Perspektiven in entsprechende Handlungsbereiche.
Dieses „Dazwischen“ prägt die Bioethik aber auch im
außerwissenschaftlichen Bereich, da es zunehmend notwendig ist, sowohl die
Öffentlichkeit über Entwicklungen aufzuklären als auch den Gesetzgeber bei
Regulierungen beratend zu unterstützen. Hierfür sind grundständige Kenntnisse
aus Philosophie und Theologie etwa im Hinblick auf eine normativ strukturierende
Expertise unverzichtbar. Als integratives Reflexionsfeld vereinigt die Bioethik
dabei also die unterschiedlichen Perspektiven aus Natur- und Geisteswissenschaften,
Politik und Öffentlichkeit.
Innerhalb der bioethischen Reflexion hat sich hierzu ein
begriffliches und methodisches Instrumentarium bewährt, das diese abwägende und
moderierende Vorgehensweise gewährleisten kann, vor allem, wenn es um die
Bewertung entsprechender Zielsetzungen und aufgewandter Mittel, die Analyse von
Rechtfertigungen sowie fundierender Werthintergründe geht.
Aspekte der Selbstgestaltung des Menschen durch Biotechniken
Vor einer Übersicht der einzelnen Beiträge des Sammelbands
soll dieses Instrumentarium der Bioethik im Hinblick auf die Selbstgestaltung
des Menschen durchmessen werden. Bei der ethischen Urteilsbildung sind dabei
insbesondere drei Themenkomplexe zentral: a.) die jeweiligen Akteure der
biotechnischen Anwendungen sowie die betroffenen Parteien, b.) die verwendeten
Techniken und die durch sie verfolgten Zwecke, sowie c.) die von den jeweiligen
Praktiken berührten ethischen-normativen und evaluativen Fragen. Bei der
folgenden konzisen Darstellung dieser zentralen Aspekte der Selbstgestaltung
wird zudem bereits auf die Autoren des Sammelbandes Bezug genommen und damit
ein erster Überblick über das Spektrum der hier verhandelten Themen gegeben.
a.) Akteure und Betroffene
Für die Frage nach einem verantwortungsvollen Umgang mit
Techniken der Selbstgestaltung, aber auch für die Inblicknahme des öffentlichen
Diskurses bezüglich ihrer Regulierung ist eine Analyse der handelnden Akteure
sowie der betroffenen Gruppen notwendig. Dabei sind nicht nur autonome, für ihr
Handeln Verantwortliche („moral agents“), sondern auch nicht handlungsfähige
Wesen („moral patients“), wie menschliches Leben in Grenzbereichen (Embryonen
oder komatöse Patienten), aber auch nicht-menschliches Leben zu beachten (Brand; Pohl). Aufgrund der intergenerationalen Wirkung von Techniken – am
deutlichsten etwa im Falle der Reproduktionsmedizin – müssen zudem von der
biotechnischen Wirkung betroffene, zukünftige Generationen Berücksichtigung
finden (Ranisch; Schuol;
Garmaroudi Naef).
Neben den Personen, die nach Behandlung oder Verbesserung
streben, sind bei diesen Prozessen häufig auch mittelbar wirksam Akteure
beteiligt, wie Wissenschaftler, Forscher oder Experten (Litterst; Beck; Röntgen) und vor allem Ärzte. Im Falle
biomedizinischer Anwendungen regulieren diese zudem häufig den Zugang zu
entsprechenden Technologien (Dubljević). Ebenso zählen pharmazeutische
und medizintechnische Unternehmen, die die Entwicklung und Vermarktung
medizinischer Produkte vorantreiben, sowie die Krankenversicherungen zu
wichtigen, gesellschaftlich einflussreichen Akteuren, sodass gerade von ihnen
ein verantwortungsvolles Handeln zu fordern ist (Fehling). Als weitere Akteure sind zudem religiöse Institutionen zu
nennen, welche eine zentrale Instanz bei der Vermittlung von Normen und Werten
einnehmen (Garmaroudi Naef).
Schließlich ist auch der Gesetzgeber im Rahmen der Regulierung biotechnischer
Entwicklungen und Anwendungen ein entscheidender Faktor (Dubljević) und hat somit selbst die Rolle eines
Verantwortungsträgers (Schuol).
b.) Techniken und Zielsetzungen der Selbstgestaltung
Wie bereits deutlich wurde, umfassen
Techniken der Selbstgestaltung gleichsam konventionelle Maßnahmen der
Selbstformung wie auch moderne biomedizinische Anwendungen. Beide können dabei
den traditionellen therapeutischen und präventiven Zwecken der Medizin dienen,
erlauben aber auch einen Einsatz darüber hinaus (vgl. Wiesing 2006). So hat
sich insbesondere hinsichtlich moderner Biotechniken ein lebhafter Diskurs
herausgebildet, welcher deren Potentiale für eine Verbesserung der menschlichen
Natur diskutiert (vgl. Schöne-Seifert/Talbot 2009). Aus der angelsächsischen
Debatte wird dabei häufig das in Abgrenzung zur Therapie verwendete Schlagwort
„Enhancement“ aufgegriffen: die „Verbesserung“ oder „Erhöhung“ des Menschen.
Die Vorstellungen reichen dabei bis zu einer radikalen Umformung der
menschlichen Spezies, um diese schließlich in ein posthumanes Zeitalter zu überführen (vgl. Ranisch/Sorgner 2014).
Die beiden Themenbereiche „Therapie“ und „Enhancement“ werden in der
gegenwärtigen bioethischen Debatte vor allem im Kontext der Genetik und der
Neurowissenschaften diskutiert.
Im Bereich der Humangenetik liegt der
Schwerpunkt hier auf neuartigen Therapien und Diagnoseverfahren: mittels Gendiagnostik
kann Aufschluss über mögliche Krankheitsdispositionen oder Informationen für
eine personalisierte Pharmakotherapie gegeben werden (Fehling). Vorgeburtliche Gentests ermöglichen es Kinderwunschpaaren
Erbkrankheiten oder Chromosomenanomalien zukünftiger Kinder auszuschließen (Ranisch;
Sydow). Die eingesetzten Verfahren der technisch assistierten Reproduktion
können zudem unfruchtbaren Paaren bei der Erfüllung ihres Kinderwunsches helfen
oder etwa genetische Nachkommen durch Leihmütter ermöglichen (Garmaroudi
Naef). Zu den kontrovers
diskutierten Techniken der Reproduktionsmedizin gehört ebenfalls das Klonen.
Auch wenn sich ein breiter Konsens gegen eine Zulässigkeit zum Zwecke der
menschlichen Reproduktion zeigt und das Klonen bisher anscheinend auf Forschungszwecke,
etwa zur Gewinnung von Stammzellen, beschränkt blieb, ist die Aussicht
auf menschliche Klone ein verbreitetes Motiv (Rockoff). Eine zusätzliche Dynamik geht zudem von den neueren
Erkenntnissen der Epigenetik aus. Insofern auch Umweltfaktoren die
Genregulation beeinflussen, ergeben sich hier erweiterte Handlungsspielräume der Selbstgestaltung etwa zur
Krankheitsprävention durch gezielte Veränderung des Lebensstils (Röntgen; Schuol). Jenseits der
Humangenetik zeigen sich in dem
noch jungen Forschungsfeld der Synthetischen Biologie Bestrebungen, mit denen
der Mensch zunehmend versucht, seine Handlungsspielräume zu erweitern,
Organismen zu verändern oder sogar neu herzustellen (Litterst).
Im Bereich der Hirnforschung haben Innovationen in den letzten
Jahren dank der Verbreitung bildgebender Verfahren Einsichten in Gehirnaktivitäten
gegeben und damit Fragen nach der Notwendigkeit neuer Menschenbilder provoziert
(vgl. Engels/Hildt 2005). Im Zentrum der Auseinandersetzung stehen insbesondere
aber auch neuropharmakologische Maßnahmen, die das Ziel haben, eine positive
Wirkung auf kognitive und emotionale Fähigkeiten zu nehmen. Während
entsprechende Wirkstoffe schon seit geraumer Zeit gegen
Aufmerksamkeitsdefizitstörung oder Depression eingesetzt werden, wendet sich
das öffentliche Interesse nun zunehmend auch gesunden Konsumenten zu (Krautter). Unter dem Stichwort
„Hirndoping“ oder „Neuro-Enhancement“ wird dabei der Gebrauch von Neuropharmaka
zur Steigerung oder Aufrechterhaltung kognitiver Fähigkeiten diskutiert (Dubljević; Leefmann; Jungert;
Lörch-Merkle).
c.) Ethisch-normative und evaluative Aspekte
Mit der biotechnischen Selbstgestaltung begegnen uns
Fragen, die vor dem Hintergrund der Verantwortung der jeweiligen Akteure sowie
etablierter Ansätze der biomedizinischen Ethik verhandelt werden (vgl. Beauchamp/Childress
2012). Die hier auftretenden ethischen Herausforderungen werden nun in
Bezugnahme auf die Prinzipien der Autonomie, Nichtschädigung, Fürsorge und
Gerechtigkeit skizziert.
Im Hinblick auf die Anwendungen von Biotechniken ist der
Respekt vor und die Wahrung der Autonomie von Personen zentral. Dabei muss
gefragt werden, ob Wünsche nach autotechnischen Verbesserungen als selbstbestimmt
gelten können oder etwa auf Fehl- oder unvollständiger Information (Beck), versteckten Leistungsnormen (Ledder) oder gar (indirektem) Zwang (Dubljević) beruhen. Zugleich besteht häufig der Verdacht,
dass Neuro- oder Gentechniken moralisch problematische Wirkungen haben könnten,
indem sie Bedingungen der personalen Autonomie gefährden (Leefmann; Rockoff; Lörch-Merkle;
Jungert).
Bezüglich solcher Gefahren ist im Hinblick auf das Prinzip
der Nichtschädigung zu untersuchen, welche Kosten-Nutzen-Erwägungen für die
Bewertung von biotechnischen Innovationen angemessen sind (Beck; Pohl). So berührt
insbesondere die „Lifestyle-Medizin“, wie auch die Entwicklung entsprechender
Techniken, das Berufsethos von Ärzten und die Verantwortung von
Wissenschaftlern (Litterst; Beck).
Die moralische Urteilsbildung erfordert hier stets die Berücksichtigung
empirischen Wissens, etwa über Risiken entsprechender Techniken (Beck). Für eine Ethik in den Wissenschaften
sind gerade solche „gemischten Urteile“ zentral (vgl. Potthast 2008), wobei
aber die Hürden beim Übergang vom „Sein“ zum „Sollen“ nicht außer Acht gelassen werden dürfen (vgl. Engels 2005).
Im Hinblick auf das Prinzip der Fürsorge stellt sich die
Frage, ob der Einsatz neuer Techniken nicht nur zulässig ist, sondern sogar
eine Optimierungspflicht besteht (Ranisch).
So könnte von einer „genetischen Verantwortung“ gegenüber sich selbst und den
Nachkommen gesprochen werden, die sich durch ein wachsendes genetisches Wissen
und erweiterte biotechnische Handlungsoptionen ergibt. Was folgt etwa aus der
Erkenntnis, dass unsere Ernährung eine epigenetische Wirkung auf unsere
Kindes-Kinder haben kann? Ein hier häufig behaupteter Zuwachs an Verantwortung
muss dabei zugleich selbst problematisiert werden (Röntgen; Schuol).
Diese Fragen betreffen so auch das Prinzip der
Gerechtigkeit: was schulden gegenwärtige Generationen ihren Nachfahren? Bereits
heute zeigen sich neben der Frage einer Zugangsgerechtigkeit zu kostspieligen
technischen Innovationen auch Herausforderungen bezüglich der
Chancengleichheit, wenn sich etwa Personen durch Verbesserungstechniken
Wettbewerbsvorteile verschaffen (Dubljević; Lörch-Merkle). In diesem Zusammenhang ist dann auch die
soziale Wirkung eines breiten Einsatzes von Biotechniken zu bedenken: Gefährdet
der Trend zur Selbstgestaltung womöglich die Solidarität mit ohnehin
marginalisierten oder vulnerablen Gruppen, die die Leistungsideale nicht
erreichen können (Ledder)? Oder würde
gar eine Mentalität der Perfektionierung den Schutz des menschlichen Lebens
aufweichen?
Die Bioethik begegnet hier vertrauten Fragen nach dem
moralischen Status von Personen sowie dem menschlichen Leben in seinen
Grenzbereichen (Brand), die sich nun
aber im Kontext der „verbrauchenden“ Embryonenforschung oder der
Reproduktionsmedizin von Neuem stellen (Sydow;
Garmaroudi Naef).
Insofern Biotechnik dabei auch außerhumanes Leben betrifft – etwa bei
Tierversuchen in der Grundlagenforschung oder bei der Schaffung „neuen Lebens“
in der Synthetischen Biologie – steht die moralische Relevanz der Grenzen
zwischen dem „Lebenden“ und „Nichtlebenden“ sowie zwischen „Natürlichkeit“ und
„Künstlichkeit“ (Litterst; Pohl) zur Debatte.
Diese Kategorien berühren tiefsitzende Welt- und
Menschenbilder (Krautter), die
allerdings von einer interessenbasierten „Minimalmoral“ nur unbefriedigend
rekonstruiert werden können (Sydow; Henrich). Eine Neulektüre klassischer
Positionen der Philosophie, welche die Wirklichkeit von Werten in der Natur
oder in allem Seienden bedenkt (Lörch-Merkle;
Pohl), kann hier ebenso aufschlussreich sein wie die Auseinandersetzung mit
zeitgenössischen Positionen des Naturalismus (Henrich). Die Verhandlung der Selbstgestaltung des Menschen
provoziert schließlich auch Fragen nach dem richtigen Umgang mit dem Gegebenen
sowie der uns angemessenen Lebensweise oder „Gattungsethik“ (Habermas 2005) –
Themen, die von der Minimalmoral zumeist vernachlässigt werden. Während sich
letztere bei der Auseinandersetzung mit verschiedenen Lebensformen in liberaler
Zurückhaltung übt und auf sozialethische Fragen der Gerechtigkeit fokussiert, bedarf
es alternativer Ansätze zur Klärung einer der zentralen Fragen der Debatte um
die Selbstgestaltung (Leefmann; Sydow): Ist die zunehmende technische
Verfügbarmachung des Menschen unserem guten Leben nun zu- oder doch vielmehr
abträglich?
Über diesen Band
Von 2004 bis 2013 hat das DFG-Graduiertenkolleg 889
„Bioethik“ Nachwuchswissenschaftlerinnen und Nachwuchswissenschaftler
verschiedener Disziplinen und Nationalitäten mit dem Ziel zusammengebracht, Themenbereiche
der anwendungsbezogenen Ethik durch die Integration von ethischer Reflexion und
einzelwissenschaftlicher Expertise zu erforschen. Der Sammelband vereinigt 18
Forschungsprojekte der zweiten und dritten Förderphase des Graduiertenkollegs.
Dessen Rahmenthema „Zur Selbstgestaltung des Menschen durch Biotechniken“
leiht dem vorliegenden Band seinen Titel. Zugleich vervollständigt dieser die
von László Kovács und Cordula Brand (2011) herausgegebene Anthologie zu den
Ergebnissen der ersten Förderphase. Die Autorinnen und Autoren dieses Bandes
haben den inhaltlichen Schwerpunkt ihrer Beiträge selbst gesetzt. So geben sie
entweder einen Überblick über ihr Projekt, vertiefen eine konkrete
Forschungsfrage oder nehmen sich einer Weiterführung ihrer Studie an. Dem
internationalen Charakter des Graduiertenkollegs entsprechend, sind sowohl
Arbeiten in deutscher als auch ein englischer Sprache versammelt.
Die Beiträge zur Selbstgestaltung des Menschen werden im
vorliegenden Band anhand von fünf Sektionen geordnet: Zunächst werden i.)
normative Grundlagen sowie ii.) historische Zugänge und Positionen vorgestellt
und das Thema iii.) „des Selbst“ im Rahmen der Selbstgestaltung des Menschen
durch Biotechniken erörtert. Nachfolgend stehen mit iv.) Genetik und Reproduktion
ethische und anthropologische Analysen zentraler Anwendungsfelder im Fokus.
Abschließend werden die v.) medialen Thematisierungen von Biotechniken in den
Blick genommen sowie vi.) Ansätze für deren Regulierung vorgeschlagen.
i.) Normative Grundlagen
Mit den Möglichkeiten der Selbstgestaltung des Menschen
zeigte sich eine Verschiebung in den Zielen der biomedizinischen Praxis. Nicht
nur das Heilen, sondern auch die Optimierung wird zum Zweck biomedizinischer
Technik. Damit verbindet sich auch die Notwendigkeit einer Neubestimmung der
normativen Grundlagen der Bioethik. Insbesondere scheint dabei die liberale
Minimalethik in der Kritik, welche in einigen Fällen der technischen
Selbstgestaltung kaum Orientierung zu geben vermag. Zugleich verschärfen sich
mit der Ausweitung der medizinischen Praxis hin zur Verbesserung des Menschen
auch forschungsethische Anforderungen.
Während in der bioethischen Auseinandersetzung mit
neuartigen Technologien häufig direkt die Frage ihrer Zulässigkeit betrachtet
wird, werden die empirischen Voraussetzungen dieser Bewertung oft
vernachlässigt. Für die Frage der Zulässigkeit, etwa von Neuro-Enhancement, ist
es aber entscheidend, ob tatsächlich eine nebenwirkungsfreie Verbesserung der
kognitiven Leistung gesunder Probanden bewirkt werden kann. Roman Beck
nimmt sich in seinem Beitrag „Transparenz in der Biomedizin und die Frage nach
der ,Selbstgestaltung des Menschen‘“ dieser häufig vernachlässigten Rolle
biomedizinischer Informationen in der ethischen Urteilsbildung an. Ausgehend
vom neuen Paradigma der „Verbesserung des Menschen“ hebt er dabei Transparenz
als Regulativ für die biomedizinische Informierung hervor. Mit seiner Analyse
verteidigt Beck schließlich eine Reihe von Kriterien, die bei der
Informationsvermittlung zwischen Experten und der Öffentlichkeit zu beachten
sind. Während sich ein solches Ideal als anspruchsvoll für „Transparenzvermittler“
zeigt, ist es aber eine notwendige Voraussetzung der ethischen Bewertung von
Verbesserungstechniken.
In der Auseinandersetzung mit biomedizinischen Anwendungen
ist die Frage des Personenstatus für den Umgang mit (menschlichen) Leben zentral.
So ist etwa für die Bewertung der verbrauchenden Embryonenforschung,
Sterbehilfe aber auch für den Umgang mit Primaten entscheidend, ob wir es hier
überhaupt schon oder noch mit Personen zu tun haben. Wie Cordula Brand in „,Wie Du mir so ich Dir.‘ Moralische Anerkennung
als intersubjektiver Prozess“ beschreibt, zeigen sich in der Philosophie dabei zwei
Verwendungsweisen: Entweder werden Personen mit Wesen identifiziert, welche
über bestimmte (kognitive) Fähigkeiten verfügen, oder Personen werden mit
Menschen gleichgesetzt. Brands Überlegungen zur Lebenswelt als Raum geteilter
Bedeutung moralischer Begriffe machen dabei klar, dass wir keinen dieser beiden
Aspekte aufgeben können. Im Anschluss an Husserl und Habermas zeichnet sie so zwei
Ebenen der Lebenswelt nach, in denen diese jeweiligen Bedeutungen des
Personenbegriffs verankert sind. Eine solche lebensweltliche Analyse könne
schließlich die scheinbar konkurrierenden Aspekte des Personenbegriffs
integrieren.
Die Frage nach dem richtigen Umgang mit der menschlichen
Natur verleiht naturalistischen Positionen der Normenbegründung in der Bioethik
Attraktivität. Während der Naturalist sich gegen Verfechter einer bloßen
Minimalmoral zugute hält, aus der menschlichen Natur substanzielle Normen
rechtfertigen zu können, steht er allerdings vor anderen Herausforderungen:
Phänomene unserer alltäglichen moralischen Praxis, wie etwa die Verbindlichkeit
moralischer Normen, scheinen resistent gegen Versuche einer Naturalisierung.
Anschließend an diesen Befund widmet sich Daniel C. Henrich in „Wieso
soll ich? Zum Begriff der praktischen Rationalität im Spätwerk von Philippa
Foot“ dem Versuch der Rechtfertigung von unbedingten Sollensansprüchen in Foots
ethischem Naturalismus. Nach Foot hat menschliches Leben
natürlich-teleologische Qualitäten, welche für vernünftige Wesen
Verbindlichkeit beanspruchen. Während Foot damit zeigen kann, dass Moralität
Teil der praktischen Rationalität des Menschen ist, gelingt es ihr nach Henrich
allerdings nicht, die unbedingte Geltung moralischer Imperative zu erklären.
Die subjektunabhängige Geltung der Moral, wie sie sich im
Naturalismus zeigt, ist ebenfalls Ausgangspunkt des Beitrags „Menschsein als
moralischer Maßstab der biotechnologischen Menschengestaltung“ von Björn Sydow.
Seine Analyse beginnt mit der Intuition, dass die Grenzen der biotechnischen
Gestaltung des Menschen nicht durch eine Minimalmoral, also dem bloßen Verweis
auf Interessen und Wünsche von Personen, rekonstruierbar seien. Sydow
rechtfertigt diese Annahme durch handlungstheoretische Überlegungen, die er im Anschluss
an Gilbert Ryle entwickelt. Dabei verteidigt er eine Moraltheorie, nach der
nicht die Berücksichtigung der Wünsche von Handlungssubjekten zentral ist,
sondern die Achtung vor der Entfaltung ihres Potentials zum Menschsein. Sydow
zeigt die Konsequenzen dieses vermögenstheoretischen Ansatzes für Fragen nach
der biotechnischen Selbstgestaltung auf: So erlaubt der Ansatz nicht nur eine
differenzierte Bewertung der freiwilligen technischen Veränderung von Menschen,
er vermag auch, die Grenzen des gestaltenden Eingreifens in das sich entwickelnde
menschliche Leben aufzuzeigen.
ii.) Historische Zugänge
Die biowissenschaftlich bezeugte Kontingenz der conditio humana sowie die zunehmenden
technischen Verfügungsmöglichkeiten über das Leben machen klassische
philosophische und anthropologische Positionen attraktiv, die sich der
Werthaftigkeit der inneren und äußeren Natur angenommen haben. So ist ein
weiterer Themenschwerpunkt des Sammelbandes historischen Positionen der Ethik
gewidmet, um diese auf ihre Anschlussfähigkeit für aktuelle moralische
Herausforderungen der Biotechniken hin zu untersuchen.
Entsprechend verfolgt Katrin
Esther Lörch-Merkle in ihrem Beitrag „Zur materialen Wertethik Nicolai
Hartmanns im Zeitalter des Human Enhancements“ das Ziel, wichtige Bezugspunkte
von Hartmanns Ethik für die gegenwärtige Debatte um Neuro-Enhancement
freizulegen. Ausgehend von der Darstellung des Grundgedankens der materialen
Wertethik, der Realität von absoluten Werten, erläutert die Autorin anhand der
Werte der Willensfreiheit bzw. Autonomie und Gerechtigkeit sowie Hartmanns
Bestimmungen der Person wichtige Implikationen für das pharmakologische Enhancement.
Dabei zeigt sich nach Hartmann, dass aufgrund der Autonomie als bedingender
Grundwert für Personalität entsprechende Enhancement-Praktiken die Einheit der
Person sowie die Möglichkeit der Heranbildung der je individuellen
Persönlichkeit berücksichtigen sollten.
Auch Sabine Pohl
widmet sich in ihrem Artikel „Albert Schweitzers Ehrfurcht vor dem Leben und die
Bioethik“ dem Ziel, eine in der bioethischen Diskussion bisher vernachlässigte
Ethik auf ihre Anwendbarkeit zu prüfen. Der biozentrische Zugang des von
Schweitzer propagierten Prinzips der „Ehrfurcht vor dem Leben“, der eine
moralische Berücksichtigung allen Lebens, aufgrund der Eigenschaft, am Leben zu
sein, einfordert, erweist sich dabei als hochgradig anschlussfähig für
bioethische Konfliktfälle. Die häufig gegen Schweitzers Prinzip vorgebrachte
Kritik, in ein Schuld-Dilemma zu
führen, insoweit jegliches Handeln des Menschen zwangsläufig anderem Leben
schaden zufügt, begegnet die Autorin mit einer Analyse und Interpretation der
nachgelassenen Schriften Schweitzers. Darin zeigt sich, dass das Schuld-Dilemma
letztlich nicht vollständig ausgeräumt werden kann, der Mensch jedoch im Wissen
um diese Schuld seine Handlungen stets so abwägen muss, dass dem Leben so wenig
wie möglich geschadet wird. Gleichsam, so bilanziert die Autorin, ist dieses Schädigungsbewusstsein ein wichtiger
Bestandteil, um sich als Mensch gerade im Angesicht bioethischer Konfliktfälle
moralisch weiterzuentwickeln.
iii.) Das Selbst
Im Hinblick auf die Verhandlung der Grenzen einer
autotechnischen Veränderung des Menschen ist eine Auseinandersetzung mit den
Bedingungen des Selbstseins unerlässlich. Damit ist nicht nur die Frage nach
der Konstitution personaler Identität angesprochen, sondern auch nach den Möglichkeiten
einer selbstbestimmten Entscheidung zur biotechnischen Gestaltung. Reflexionen
auf diese Fragen können dabei zugleich entscheidend sein für die Beurteilung
einzelner Biotechniken. Würde sich etwa zeigen, dass leistungsverbessernde
Psychopharmaka die mentalen Voraussetzungen von Identität oder Authentizität
berühren, schiene es gegebenenfalls angezeigt, deren Einsatz engere Grenzen zu
setzen.
Für die Konstitution des Selbst sind dabei insbesondere
unser Gedächtnis und unsere Erinnerungen zentral. Während dieser Umstand von
den meisten philosophischen Theorien personaler Identität anerkannt wird, macht
Michael Jungert in „Memory, Personal
Identity, and Memory Modification“ aber klar, dass der genaue Stellenwert von
Erinnerungen dabei häufig unterbestimmt bleibt. Seine Analyse philosophischer
und psychologischer Konzepte von Erinnerung, Gedächtnis und Identität zeigt
dabei die Relevanz, die insbesondere die autobiographische Erinnerung für die
personale Identität hat. Ausgehend von diesen Überlegungen wendet sich Jungert
schließlich den Möglichkeiten der pharmakologischen Veränderung der
menschlichen Psyche zu. Insbesondere hier zeigen sich die von ihm dargestellten
Funktionen von Emotionen für das autobiographische Erinnern als anschlussfähig,
um auf mögliche Risiken psychopharmakologischer Selbstgestaltungsversuche
hinzuweisen.
Die Sorge um das biotechnisch veränderte Selbst wird nicht
nur mit Verweis auf den möglichen Verlust von Identität begründet, sondern insbesondere
auch als Gefahr für die Authentizität der Person gesehen. Dieser Befürchtung
geht Jon Leefmann in „Der
unartikulierte Verdacht: Varianten des Authentizitätsbegriffes in der Debatte
um Neuro-Enhancement“ nach. Seiner Analyse zufolge zeigen sich zwei
grundsätzlich verschiedene Authentizitätsbegriffe: Ausgehend von Überlegungen Jean-Paul
Sartres und Harry Frankfurts wird Authentizität mit personaler Selbstbestimmung
in Verbindung gebracht. Davon unterscheidet sich eine stark normative Variante,
die auf Charles Taylor zurückgeführt werden kann: Hier wird Authentizität nun als
Verwirklichung eines wünschenswerten Persönlichkeitsideals gedeutet. Nach
Leefmann finden sich beide Varianten der Rede von (In-)Authentizität in der
bioethischen Diskussion um Neuro-Enhancement wieder. Er deutet solche Verweise
allerdings als häufig unreflektierte Intuitionen über die Gefahren von
Biotechniken. Diese würden stets die Befürchtung eines Beziehungsmangels zum
eigenen Selbst oder der eigenen Umwelt zum Ausdruck bringen.
iv.) Genetik und Reproduktion
Nach dem erfolgreichen Abschluss des Humangenomprojekts und
der Erfassung des menschlichen Genoms ist die Molekulargenetik mit der Jahrtausendwende
in eine neue Forschungsphase eingetreten. In dieser Postgenomik werden neue Handlungsräume eröffnet und neuartige ethische
Fragen aufgeworfen. Dass die vormals diskutierten Themen einer Ethik der
Genetik nach diesem Wechsel aber nicht an Brisanz verlieren, sondern vielmehr
noch dringlicher werden, da nun Grundlagenwissen verstärkt in die biotechnische
Anwendung eingeht, darüber geben die folgenden Beiträge Auskunft.
Der rasante Erkenntnisfortschritt in der Genetik und die
damit verbundene Weiterentwicklung der Reproduktionstechniken haben eine
internationale Dimension, wobei es aber regionale Besonderheiten zu beachten gilt.
Wie Shirin Garmaroudi Naef in ihrem Artikel „Modern Reproductive Technologies
in the Light of Traditional Ontologies: An Anthropological Reflection on
Assisted Reproduction in Iran“ zeigt, kann die gegenwärtige Praxis moderner
Reproduktionstechniken im Iran nicht losgelöst von historischen und
soziokulturellen Verhältnissen verstanden werden. Anders als Deutschland nimmt
der Iran eine progressive Einstellung in der Anwendung von Reproduktionstechniken
ein. Dabei zeigt sich, dass diese Abweichung nicht, wie oft behauptet, auf
aktuelle politische Entwicklungen zurückgeführt werden kann. Zu einem
umfassenden Verständnis sind neben den politischen auch die kulturellen und
religiösen Hintergründe wichtig. Ebenso erweist sich die Annahme, dass der
Islam einen konservativen Machtfaktor darstellt, angesichts der intensiven
Auseinandersetzungen der Schriftgelehrten mit den biologischen Fakten als
haltlos. Das Verständnis der assistierten Reproduktion im Iran erfordert die
Beachtung gesellschaftlicher Komplexität.
Dass sich die Biologie nicht auf die Erforschung bereits
vorhandener natürlicher Strukturen und somit auf eine bloß reproduktive
Wissensanwendung beschränkt, zeigt der Beitrag von Leona Litterst „,Neues‘ Leben aus dem Labor? Systematische und
ethische Aspekte der Synthetischen Biologie“. Da es sich bei dem innovativen
und interdisziplinären Arbeitsfeld der Synthetischen Biologie nicht um ein
einheitliches Forschungsfeld handelt, wird zunächst zwischen verschiedenen
Ansätzen differenziert. Anhand der im Diskurs zentralen Begriffe „Leben“ und
„Künstlichkeit“ werden die Objekte der Synthetischen Biologie systematisiert
und Vorschläge zur Erweiterung bereits bestehender Kategoriensysteme des
Lebendigen vorgebracht. Die Frage, ob es sich bei diesem Leben um neues Leben handelt, bildet dabei den
Dreh- und Angelpunkt. Schließlich wird die selbstgewählte, mediale
Außendarstellung der „Synthetischen Biologie als harmloses Spiel“ aufgegriffen,
kritisiert und verschiedene Verantwortungsfelder und -träger differenziert
herausgearbeitet.
Die Verantwortung, die zukünftige Eltern für ihre Nachkommen
haben, wird von Vertretern der sogenannten liberalen Eugenik diskutiert. Diese
fordern nicht nur die Zulässigkeit der genetischen Auswahl von Nachkommen zum
Zweck der Krankheitsvermeidung, sondern auch die Förderung spezifischer Erbanlagen
ohne medizinische Indikation. In seinem Beitrag „,Du sollst das beste Kind
wählen!‘ Eine Kritik des Pflichtbegriffs von Procreative Beneficence“ stellt Robert Ranisch Theorien vor, welche darüberhinaus
moralische Verpflichtungen für Kinderwunschpaare formulieren. Gemäß dem Prinzip
„Procreative Beneficence“ sollten diese etwa eine assistierte Reproduktion wählen,
um „die besten“ Kinder zu bekommen. Ranisch analysiert den diesem Prinzip
zugrundeliegenden Pflichtbegriff und zeigt dabei dessen Scheitern in einer
Reihe von Anwendungsfällen auf. Gegenteilig kann es in manchen Fällen sogar
entsprechend der Prämissen von Procreative Beneficence geboten sein, auf eine
genetische Auswahl von Nachkommen zu verzichten.
In ihrem Artikel „Epigenetic Profiling Assays – ethische
Aspekte einer neuen Technologie“ widmet sich K. Viktoria Röntgen der Epigenetik und deren Anwendungsbezügen
etwa in der Diagnostik. Als Teildisziplin der Molekulargenetik untersucht die
Epigenetik die Genregulation auf molekularer Ebene. Genregulatorische Prozesse
spielen in der menschlichen Entwicklung eine entscheidende Rolle. Da bei ihrer
Ausbildung der Umwelt eine ursächliche Rolle zugeschrieben wird, geht die
Autorin auf die Veränderung der Nature/Nurture-Debatte ein und warnt vor neuen
Verantwortungszuschreibungen. Mit der Deregulation der epigenetischen Muster
wird die Verursachung von Krankheiten wie Krebs in Verbindung gebracht. In
diesem Zusammenhang stellen sogenannte Microassays die Kerntechnolgie
diagnostischer und epidemischer Untersuchungen dar. Ausgehend von der Tatsache,
dass die prognostische Bedeutung dieser Technik noch nicht hinlänglich bekannt
ist, kritisiert die Autorin an der derzeitigen und zukünftig geplanten
Verwendung die Zusammenführung biologischer und biographischer Daten.
Auch Sebastian Schuol
wendet sich der Epigenetik zu. Ausgehend von einem historischen Überblick über
die Veränderung des Genbegriffs weist er im Artikel „Der Lebensstil als
Biotechnik? Zur Erweiterung des Genbegriffs durch die Epigenetik“ auf einen
epistemischen Wandel im genetischen Verursachungsdenken hin. Interessierte sich
die Molekulargenetik vormals für strukturelle Eigenschaften des Gens, so wendet
sich die Postgenomik verstärkt den funktionellen Bezügen des Gens und somit der
Genregulation zu, wobei der Genbegriff prozessual ausgelegt wird. Wird infolgedessen
die Umwelt als konstitutiv für das Gen betrachtet, wird aber ein vormals offensichtlicher
Gendeterminismus bloß verdeckt. Auch Schuol geht auf die veränderte Verantwortungsdebatte
ein. Sie wird aber nicht als verfrüht zurückgewiesen. Stattdessen zeigt die
Analyse eines Fallbeispiels, wie sich medizinisches Verursachungsdenken mit der
Epigenetik ändert und Schuol legt dar, dass der bisherige Fokus im
Präventionskontext auf die Eigenverantwortung zugunsten eines komplexen
Verantwortungsnetzwerks zurückzuweisen sei.
v.) Mediale Thematisierung
Die technischen Möglichkeiten der Selbstgestaltung des
Menschen, insbesondere die dabei zahlreich mitschwingenden Verbesserungsfantasien,
besitzen für die Öffentlichkeit eine hohe Anziehungskraft. Dabei ist die Wahrnehmung
und auch moralische Bewertung entsprechender Techniken, Erkenntnisse und
Szenarien entscheidend davon geprägt, auf welche Art und Weise diese in den
unterschiedlichen Medien thematisiert werden.
Entsprechend zeigt der Artikel „Zur medialen Darstellung von
Neuro-Enhancement. Eine rhetorische Analyse mit einem Fokus auf (latente) Welt-
und Menschenbilder“ von Jutta Krautter
auf, wie in Zeitungs- und Zeitschriftenartikeln über die Verbesserung der
kognitiven Leistungsfähigkeit durch Pharmazeutika – wie etwa Ritalin –
berichtet wird. Die Autorin bedient sich dabei der sogenannten Toposanalyse.
Mit dieser ist es möglich, in Texten sowohl die aus der Rhetorik bekannten
persuasiven (lat. überredend) Strukturen
des Autors freizulegen als auch dessen Rückgriff auf sozial und kulturell
verankerte Topoi in Form von Argumentationsmustern, Metaphern oder spezifisch
gewählten Ausdrücken zu beschreiben. Dabei wird herausgestellt, dass die Wahl
und Verwendung dieser Topoi unterschwellig die Wahrnehmung und auch moralische
Bewertung eines Sachverhalts seitens des Lesers entscheidend beeinflussen
können. Anhand einer detaillierten Modellanalyse eines Zeitschriftenartikels
zum Thema Neuro-Enhancement wird im Folgenden nachgezeichnet, wie die
Präsentation und Verknüpfung zahlreicher derartiger Topoi auf die moralischen
Überzeugungen und Urteile der Leser einwirken können.
Auch Simon Ledder
greift die mediale Thematisierung von Enhancement-Praktiken zur technischen
Selbstgestaltung des Menschen auf. In seinem Artikel „,Ich will kein Freak
werden!‘ Die Produktion von ,Verbesserung‘ und ,Behinderung‘ in digitalen
Spielen“ erfolgt eine diskursanalytische Betrachtung der dem Genre der
First-Person-Shooter zuzuordnenden digitalen Spiele BioShock und Deus Ex: Human
Revolution. In den Spielen ist es durch prothetische Apparaturen bzw.
genaktive Substanzen möglich, die gespielte Figur im Sinne des Enhancements zu
verbessern. Der Beitrag versteht die Darstellung und Verwendungsmöglichkeiten
von Enhancement-Technologien in den Spielen als diskursive Aussagen und
arbeitet heraus, wie diese bestimmte Vorstellungen von Normalität, Verbesserung
und Behinderung konstruieren. Der Fokus liegt dabei auf der kritischen
Diskussion der Beobachtung, dass diese populären Spiele Enhancement-Technologien
als eine Lösung für einen als behindert wahrgenommenen
Körper präsentieren, ohne dabei diese Wahrnehmung als das eigentliche Problem zu
thematisieren.
Der Artikel „Seelenlose Klone? Literatur als
Reflexionsmedium bioethischer Fragen am Beispiel des Organ-Klons“ von Marcus Rockoff untersucht, auf welche
Weise literarische Darstellungsmittel, wie beispielsweise narrative Strategien
oder die Verwendung von literarischen Motiven, moralische Urteile der Leser im
Zusammenhang von bioethischen Konfliktfällen beeinflussen können. Dazu wird auf
den 2005 erschienenen Roman Alles, was
wir geben mussten von Kazuo Ishiguro zurückgegriffen. Im Roman werden in
staatlichen Heimen Klone als Organreserven gezüchtet. Ausgehend von einer
ethischen Analyse, die sich auf das Nichtinstrumentalisierungsgebot
menschlichen Lebens stützt, wird im Folgenden die ästhetische Aneignung dieses
Szenarios im Roman beschrieben. Dabei zeigt sich, dass die moralische
Rechtfertigung von Organ-Klonen von der Infragestellung ihrer Zugehörigkeit zur
Spezies Mensch abhängig gemacht wird. Durch eine Offenlegung der im Roman
verwendeten spezifischen narrativen Strategien sowie den Einsatz des aus der
Romantik bekannten Doppelgänger-Motivs wird erläutert, wie die ästhetische
Präsentation des Sachverhalts den Leser während der Lektüre in eine
Unsicherheit bezüglich Fragen des moralischen Status und des Selbstverständnisses
der Organ-Klone geraten lässt.
vi.) Formen der Regulierung
Schließlich fordern die vielfältigen Anwendungsbezüge der
neuen Erkenntnisse aus den Lebenswissenschaften eine Regulierung. Abschließend
wird erwogen, inwieweit eine solche sowohl von „außen“, etwa durch rechtliche
Steuerung, aber auch von „innen“ heraus, etwa als Selbstverpflichtung von
Unternehmen, gelingen kann.
In seinem Beitrag „Regulation of Cognition Enhancement Drugs
and Public Reason: Prohibition or Economic Disincentives Model?“ widmet sich Veljko Dubljević der politischen
Regulierung von Neuropharmaka und stellt von
einem gerechtigkeitsbasierten Ansatz ausgehend das Economic Disincentives Model als potentielle Lösung vor. Demnach
könnte z. B. anhand von Steuern, Lizenzgebühren und Zusatzversicherungen
sichergestellt werden, dass das individuell auftretende Risiko bei der
Verwendung dieser sogenannten kognitiven Enhancer
nicht auf die Gesellschaft umgelagert würde. Der soziale Druck, die kognitiven
Fähigkeiten zu optimieren, wird dabei an Modellen der rationalen Wahl
verdeutlicht. Durch das Abwägen der zu erwartenden Nebenwirkungen mit den
Standards internationaler Kontrollgremien zeigt der Autor, dass das Economic Disincentives Model sich aber
nur zur Regulierung mancher Neuropharmaka eignet, wobei der freie Zugang zu
anderen, gesundheitsschädlicheren Pharmaka jedoch verboten bleiben müsste.
Jochen Fehling
wendet sich im Artikel „Vermarktung
genetischer Tests im Spannungsverhältnis zwischen Gewinnoptimierung und
Patientennutzen: Was kann eine Unternehmensethik leisten?“ den
Möglichkeiten der Selbstregulierung von Unternehmen aus einer
unternehmensethischen Perspektive zu. Ungeachtet der Tatsache, dass die
Entwicklung, Erprobung und Vermarktung genetischer Tests per se
profitorientiert sind, stellen sich in diesem Zusammenhang auch jenseits des
politischen Regulierungsbedarfs eine Vielzahl normativer Fragen. Nach einem
Überblick über die Arten der genetischen Diagnostik werden damit verbundene
normative Fragen dargestellt und gezeigt, dass das deutsche Gendiagnostikgesetz
nicht zu ihrer Lösung ausreicht. Auch bereits bestehende Selbstverpflichtungen
von Unternehmen sind dazu nicht hinreichend. Auf der Grundlage des ethischen Kohärentismus stellt der Autor
die zentrale Frage, ob Unternehmen sich überhaupt dem moralischen Diskurs
stellen sollten, und leitet unternehmensethische Empfehlungen ab.
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